Die Stiftung zur Zeit der DDR
von Manfred Wlokka
1945 – Bei der Bombardierung von Zerbst in den letzten Kriegstagen ist auch das Stiftungsarchiv bei Administrator Karl Partheil verbrannt. Dabei wurden auch die alten, im ausgehenden 17. Jahrhundert begonnenen und hunderte von Namen enthaltenden Stammbücher vernichtet. Diese waren nicht nur ein besonderer genealogischer Schatz, sondern auch Grundlage für die Verteilung von Stipendien. Um ein Stipendium zu bekommen muss jeder Antragsteller seine Zugehörigkeit zu den Nachfahren der Stifterfamilien nachweisen. So wurde begonnen die Stammbücher unter Verwendung von noch vorhandenen Abschriften in den Familien zu rekonstruieren. Das Regulativ, 1832 in Zerbst gedruckt, hat im Anhang eine Liste von über 500 zum damaligen Zeitpunkt lebenden Nachfahren der Stifterfamilien und dient noch heute der weiteren Vervollständigung unserer Stammtafeln. (Abb.) Noch im Jahr 1945 konnte ein Stipendium ausgereicht werden.
1947 – Am 3.Februar d.J. wurde auf einer „Konferenz“ der erste Ausschuss nach Kriegsende gewählt. Administrator wurde Karl Partheil, als Kollator wurde der Uhrmachermeister Hugo Wolff, als ältestes bekanntes Familienmitglied ermittelt. Nach der Neuwahl der Stiftungsorgane stellte sich wieder Normalität ein, die Stiftung nahm ihre Tätigkeit wieder auf.
1962 – Das Gebiet Teufelsteinenden wird zum Aufbaugebiet erklärt. Betroffen sind hier 3,2 ha Acker der Stiftung. Es sollte für diese Fläche Austauschacker mit gleicher Bonität gestellt werden. Das hierfür vorgesehene Flurstück wurde verworfen, weitere Tauschmöglichkeiten ließen auf sich warten. So kam es 1964 zu der folgenschweren Entscheidung: „Der Ausschuss des Küchmeister- und Lietzo`schen Familinstipendium hat beschlossen auf den Austauschacker zu verzichten und die Bezahlung oder Entschädigung in Geld anzunehmen.“ Das war der erste, größere Verlust an Stiftungseigentum, weitere Verluste sollten folgen.
1975 – schreibt Administrator Anna Röller „Da meine Augen so schlecht geworden – grüner Star und darauf der graue Star höre ich mit der Arbeit als Administrator auf…“ Frau Röller war zu diesem Zeitpunkt 90 Jahre alt und hatte die Administratur der Stiftung 23 Jahre inne. Da für sie keine Nachfolge bestimmt war, übergab sie alle Unterlagen der ev. Landeskirche.
1976 – Ein von der evangelischen Landeskirche berufener Verwalter übernimmt die Aufgaben des Administrators. In den Jahren bis 1984 wurde die Administration der Stiftung interimistisch von der Kirchenverwaltung der Landeskirche Dessau ausgeübt. Danach beschloss der Landeskirchenrat Dessau eine neue Stiftsordnung: Das Jungermann`sche, das Sieberlehn`sche und das Küchmeister- und Lietzo`sche Familienstipendium werden unter Leitung des Bartholomäi-Stiftes zu Zerbst mit diesem verwaltungsmäßig zusammengeschlossen. Es wird nur eine Kasse und ein Konto geführt.
Die gesetzlichen Aufgaben der Stiftungen sollten soweit wie möglich erfüllt werden.